Die Geschichte der Beutau

Die Beutau ist eine der drei historischen Vorstädte Esslingens, mit denen die staufische Kernstadt erweitert wurde
Beutau Esslingen - Historische BilderSie bestand ursprünglich aus der Oberen, Mittleren und Unteren Beutau; erst Ende des 19. Jhdts. wurde die Turmstraße erschlossen. Die heutige Geiselbachstraße entstand in den 30er Jahren durch die Überbauung des Geiselbaches.
Diesem verdankt das Viertel indirekt seinen in Deutschland einzigartigen Namen: Das Wasser lieferte die Energie für eine Ölmühle, im Mittelalter “bytun mulin” (Schlag- oder Stampfmühle) genannt. Der Name Beutau kommt also im erweiterten Sinne von “ausbeuten, auspressen”. Dies zeigt sich auch im in Südwestdeutschland oft vorkommenden Familiennamen “Beuttenmüller” , der sich von der früheren Bezeichnung für den Ölmüller ableitet.

Edition Beutau-FlairDie Beutau war die Vorstadt der  ärmeren Leute, überwiegend Weingärtnern. Sie bewirtschafteten als Pächter die Weinberge des Patriziats, ihre soziale Stellung läßt sich an den vielen kleinen, noch erhaltenen Wohnhäusern gut ablesen.  Nur in der Oberen Beutau stehen einige stattliche Bürgerhäuser, deren Besitzer sicherlich keine armen Pächter oder Weber waren, der zweiten großen Gruppe von Bewohnern. Nicht umsonst hieß diese Gasse im Volksmund früher auch “Herrenbeutau”.
Gemeinsam sind ihnen die großen, inzwischen allerdings oft zugemauerten Kellertore, durch die die Weinfässer heraufgeholt oder hinabgelassen wurden. Die Pächter mußten die reifen Trauben in der Keltern der Weinbergbesitzer abliefern und erhielten gekelterten Wein als Bezahlung, den sie in ihren Häusern verkaufen durften. Daraus entstanden die Besenwirtschaften, von der sich eine in der Mittleren Beutau befindet.

Edition Beutau-FlairDaß der Wein und seine Herstellung in der Beutau eine zentrale Rolle spielt, zeigt sich auch an den erhaltenen Nutzbauten: Drei ehemalige Pfleghöfe, also Niederlassungen auswärtiger Klöster mit Weinbergbesitz in Esslingen sind hier erhalten. Die Klöster Blaubeuren, Salem und Kaisheim sicherten sich so den Nachschub an Esslinger Wein, dessen Qualität zumindest damals den teuren Transport der schweren Fässer rechtfertigte.

Edition Beutau-FlairInsgesamt 5 Keltern befanden sich in diesem kleinen Viertel, in der des Kaisheimer Pfleghofes wurde 1826 Esslinger Industriegeschichte geschrieben: Georg Christian Kessler gründete hier die älteste Sektkellerei Deutschlands, die später in den Speyrer Pfleghof neben der Stadtkirche umzog. Bis heute befindet sich darin das Tanklager der Kellerei, von dem eine Pipeline hinunter zum heutigen Firmensitz führt.

Beutau Esslingen - Historische BilderAuffallendstes Monument des Viertels ist sicherlich die Frauenkirche. Sie wurde als eine der wenigen spätgotischen Kirchen noch im Mittelalter vollendet und gilt auch deswegen als Juwel der südwestdeutschen Spätgotik. Kirchenrechtlich war sie bis zur Reformation nur eine wenn auch recht monumentale Kapelle: Das Domkapitel Speyer als Besitzer der Stadtkirche St. Dionys und aller Rechte verbot den Esslingern den Bau einer eigenen Bürgerkirche. Mit dem völlig überdimensionierten und visuell beeindruckenden Neubau der alten Marienkapelle an gleicher Stelle wurde das Verbot trickreich umgangen.

Edition Beutau-FlairHistorisch gesehen stand sie immer in der Kernstadt, erst seit dem Bau der Ringstraße zu Beginn der 70er Jahre zerschneidet eine breite Schneise die Stadt an dieser Stelle und hat die Frauenkirche optisch in die Beutau gerückt. Durch die brachiale Verkehrsplanung, der 162 historische Gebäude zum Opfer fielen, wurde aber auch das ganze Viertel für Fußgänger nur noch durch wenig einladende Unterführungen zugänglich. So gilt es heute selbst vielen Esslinger Bürgern als unbekanntes Gebiet.

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